OA Dr. Florian Primavesi, Facharzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie und Leiter des Zentrums für Leber-, Pankreas- und Gallenwegschirurgie im Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck
DAS SAGT DER FACHARZT. „Prinzipiell ist die häufigste Ursache für eine Gallenblasenentfernung ein Gallensteinleiden mit oder ohne akute Entzündung der Gallenblase. Weitere Gründe können die Verhinderung einer Bauchspeicheldrüsenentzündung bei stattgehabtem Gallensteinabgang oder auch Tumore der Gallenblase sein“, erläutert OA Dr. Florian Primavesi, Facharzt für Allgemein- und Viszeralchirurgie und Leiter des Zentrums für Leber-, Pankreas- und Gallenwegschirurgie im Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck. „In allen Fällen ist heutzutage der minimalinvasive Eingriff Standard. Er wird üblicherweise bei mehr als 80 bis 90 Prozent der Patient*innen erfolgreich durchgeführt. Falls schwerwiegende Befunde auftreten, etwa durch eine massive Entzündung und eine entsprechend eingeschränkte intraoperative Übersichtlichkeit oder durch ausgeprägte Verwachsungen und Narben nach Voroperationen, kann es aber manchmal notwendig sein, auf ein offenes Vorgehen umzusteigen. Geplante offene Gallenblasenentfernungen werden unter anderem im Rahmen von größeren Krebsoperationen bei Gallenblasen- oder Gallenwegskrebs oder als Begleit-Cholezystektomie bei Bauchspeicheldrüsenkrebs-OPs durchgeführt“, berichtet der Experte aus der Praxis.
Nach einer Gallenblasenentfernung müssen Patient*innen auf ihre Ernährung achten: „Unmittelbar nach der OP erfolgt üblicherweise eine kurze Phase des schrittweisen Kostaufbaus. Vor allem in den ersten Wochen berichten einige Patient*innen von einer vermehrten Empfindlichkeit des Magen-Darm-Trakts auf sehr fetthaltige oder blähende Speisen. Diese sollten deshalb vorsichtig und nur in moderaten Portionsgrößen zugeführt und langsam gesteigert werden. Problematisch können kohlensäurehaltige Getränke, Schokolade, Kaffee, Alkohol, Fruchtsäfte und scharfe oder säurehaltige Speisen sein. In den allermeisten Fällen ist jedoch eine fast komplett normale Ernährung problemlos möglich. Viele Patient*innen, die Gallensteine hatten, tolerieren diese Nahrungsmittel nach der Cholezystektomie sogar wieder deutlich besser als zuvor“, so OA Dr. Primavesi. „Bei nur sehr wenigen Patient*innen bestehen langfristig chronische Verdauungsprobleme, welche zum Beispiel durch die zusätzliche Einnahme von Ballaststoffpräparaten oder Magensäurehemmern gemildert werden können.“
DIE BEHANDLUNGSMETHODEN. Je nach Ausgangssituation kann die Gallenblase in einer offenen oder in einer minimalinvasiven Operation entfernt werden. Die offene OP beginnt mit einem Schnitt mit einer Länge von etwa zehn Zentimetern, wobei die Schnittführung dem rechten Rippenbogenrand folgt. Die Gefäße, die für die Durchblutung der Gallenblase sorgen, sowie der Gallenblasengang werden mit Clips abgeklemmt – danach kann die Gallenblase entfernt und die Operationswunde wieder verschlossen werden. Diese Operationsform kommt jedoch immer seltener zur Anwendung.
Viel häufiger greifen Ärzt*innen auf eine minimalinvasive OP zurück, die in Vollnarkose stattfindet. Bei dieser werden in der Regel vier kleine Schnitte gesetzt, über die ein Endoskop eingebracht wird, wodurch die Ärzt*innen auf einem Bildschirm während der OP die Situation im Bauchraum einsehen können. Außerdem werden die chirurgischen Instrumente über die Schnitte eingebracht und die Bauchhöhle mit Kohlendioxid aufgebläht, um besser an die verschiedenen Strukturen zu gelangen. Das Abklemmen der zur Gallenblase führenden Gefäße und des Gallenblasengangs erfolgt wie bei der offenen OP. Der Hautschnitt, über den die Gallenblase entfernt wird, muss bei Bedarf – zum Beispiel wenn die Gallensteine sehr groß sind – erweitert werden. Nach Beendigung der Cholezystektomie beseitigt das OP-Team Instrumente und Gas und versorgt die Schnitte in der Bauchdecke. Eventuell werden sogenannte Drainagen gesetzt, falls noch Flüssigkeit im Bauchraum vorhanden ist, die abfließen soll.
So funktioniert die Gallenblasen-Entfernung: Zumeist wird bei der Entfernung der Gallenblase eine minimalinvasive OP angewandt, die in Vollnarkose stattfindet.
DAS KRANKHEITSBILD. Die Gallenblase dient als Speicher für die in der Leber produzierte Gallenflüssigkeit. Wenn man mit dem Essen beginnt, wird Galle aus der Gallenblase in den Zwölffingerdarm ausgeschüttet, was die Verdauung von Fett unterstützt. Da die Leber aber ohnehin ständig neue Gallenflüssigkeit produziert, die in Richtung Zwölffingerdarm abfließt, ist der zusätzliche Speicher nicht unbedingt notwendig. Bilden sich Gallensteine in der Gallenblase, die in weiterer Folge eine Entzündung verursachen können, raten Ärzt*innen häufig zu einer Entfernung der Gallenblase. Diese Operation wird auch Cholezystektomie genannt und kommt unter anderem auch bei Tumoren zum Einsatz.
Salzkammergut-Klinikum Vöcklabruck, Abteilung: Chirurgie
Klinikguide-Autorin: Mag.a Marie-Therese Fleischer
Bildnachweise:
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- © Salzkammergut Klinikum Vöcklabruck
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