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Was tun bei Schwangerschaftsdiabetes?
Schwangerschaftsdiabetes: Ursachen, Risiken, Behandlung. Expertin Prof.in Dr.in Alexandra Kautzky-Willer im Gespräch.

Prof.in Dr.in Alexandra Kautzky-Willer ist Spezialistin für Endokrinologie und Stoffwechsel und leitet die Ambulanz für Diabetes und Stoffwechselstörungen am AKH.

Frau Dr.in Kautzky-Willer, was genau ist Schwangerschaftsdiabetes?
Die Hormonveränderungen in der Schwangerschaft führen zu einer zunehmenden Insulinresistenz des Körpers. Das heißt, die Bauchspeicheldrüse muss mehr Insulin produzieren, um einen normalen Blutzuckerspiegel aufrechterhalten zu können. Bei einem Ungleichgewicht zwischen Insulinproduktion und Insulinwirkung kommt es zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels, dem Schwangerschaftsdiabetes, auch Gestationsdiabetes genannt. Das ist meistens ab der 20. Woche der Fall. Nach der Entbindung haben Frauen mit Schwangerschaftsdiabetes zu 90 % wieder unauffällige Blutzuckerwerte.

 

Wer ist davon betroffen?
Bei zehn bis 20 Prozent der Schwangeren werden bereits erhöhte Blutzuckerwerte festgestellt. Eine Schwangerschaft ist ein Stresstest für den Stoffwechsel. Betroffen sind Frauen, die übergewichtig sind, älter sind, wenig Bewegung machen oder genetisch vorbelastet sind.

 

Besteht also ein Risiko für Mutter und Kind?
Zu den häufigsten Komplikationen zählen hoher Blutdruck bis zur Schwangerschaftsvergiftung und Frühgeburten. Besonders betroffen ist natürlich das Baby, das den erhöhten Blutzucker auch mitbewältigen muss. Man weiß heute, wie wichtig die fetale Programmierung ist. Oft verzeichnet das Baby ein starkes asymmetrisches Wachstum. Wiegt ein Baby bei der Geburt mehr als 4,5 Kilogramm, ist meist ein Kaiserschnitt notwendig. Manche dieser sehr schweren Säuglinge haben Gelbsucht, vielleicht sind sie unterzuckert. Auch Atemnotsyndrom, Anpassungsbeschwerden und Trinkschwäche treten bei den Babys auf. Wird die Zuckerkrankheit ignoriert, haben die Kinder einen schlechteren Start ins Leben.

 

Was ist zu tun?
Im Mutter-Kind-Pass ist zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche ein Zuckerbelastungstest vorgeschrieben. Um den Blutzuckerspiegel exakt zu bestimmen, wird Blut abgenommen. Der Blutzucker wird nüchtern sowie eine und zwei Stunden nach dem Trinken einer Zuckerlösung gemessen: Ist ein Wert davon zu hoch, wird Schwangerschaftsdiabetes dia­gnostiziert. In einer diabetischen Schwerpunktpraxis erhalten die Betroffenen eine ausführliche Ernährungsberatung und erarbeiten gegebenenfalls ein Bewegungsprogramm. Sie lernen, selbst den Blutzuckerspiegel zu messen und zu kontrollieren.

Oft ersetzt das eine Insulintherapie. Es ist die Zusammenarbeit aller gefordert: Geburtshilfeteam, Diabetes-Schulungsteam mit Ernährungsberatern, Internisten oder Diabetologen, Hausarzt und auch die ganze Familie. Wir machen immer wieder die Erfahrung, dass Schwangere hoch motiviert sind und sich sehr diszipliniert an die Diät und Bewegungsvorschriften halten. Eine Schwangerschaft ist der ideale Zeitpunkt für positive Veränderungen des Lebensstils.

 

Nach der Geburt ist Schwangerschaftsdiabetes wieder vorbei?
Ja. Doch ich betone auch immer wieder die Wichtigkeit der Nachsorge. Die Daten belegen, dass Stillen bis zu sechs Monate Mutter und Kind vor Übergewicht schützt. Und achtet die Familie weiterhin auf Ernährung und Bewegung, reduziert sich das Risiko, später an Diabetes Typ 2 zu erkranken, um 70 Prozent.

 

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Universitätsklinikum AKH Wien, Abteilung: Univ. Klinik für Innere Medizin III

 

Klinikguide.at-Autorin: Martina Hammer-Wostal