Elena Herbst, BBSc, ist Hebamme im AKH Wien.
Jede Schwangerschaft ist einmalig – vieles beruht auf Wissenschaft und Technik. Am meisten zählt aber die persönliche Betreuung, die Hebammen wie Elena Herbst übernehmen. Hier erklärt die Expertin aus Wien, wie man die richtige Geburtsbegleiterin findet.
Welche Rollen spielen Hebammen während Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett?
Vor der Geburt stehen wir vor allem mit Informationen und Beratung zur Seite. Die werdenden Mütter können mit all ihren Fragen zu uns kommen. Während der Geburt sind wir psychische und physische Unterstützung in den unterschiedlichen Phasen, und im Wochenbett geht es viel ums Einfachdasein, Eltern bei kleinen Unsicherheiten zur Seite zu stehen und der Familie zu helfen, in den neuen Alltag zu finden.
Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Ärzt*innen und Hebammen?
Im Krankenhaus ist man ein eingespieltes, interdisziplinäres Team. Die Ärzt*innen bekommen von den Hebammen die Informationen, wie es den einzelnen Frauen geht, was sich in den letzten Stunden getan hat, und bei der Visite wird gemeinsam entschieden, wie das weitere Prozedere aussieht. Was die wenigsten wissen, ist, dass Geburten prinzipiell nur von Hebammen betreut werden müssen, ein Arzt wird nur im Bedarfsfall hinzugezogen.
Sehen Geburtsverläufe im Krankenhaus heute anders aus als früher?
Wir sind aufgrund der medizinischen und technischen Möglichkeiten heute viel eher in der Lage, auch bei Komplikationen bestmöglich zu betreuen, und können aufgrund der umfassenden Diagnostik bereits in der Schwangerschaft beziehungsweise während oder unmittelbar nach der Geburt auf spezielle Bedürfnisse von Mutter und Kind reagieren.
Wie wichtig ist die Geburtsvorbereitung? Was sollten werdende Mütter hier auf keinen Fall versäumen?
Das ist ein wichtiger Prozess, der nicht mit dem Besuch eines Kurses getan ist. Es geht vor allem darum, dass sich die Frau auf unterschiedlichen Ebenen mit dem Thema beschäftigt. Im klassischen Geburtsvorbereitungskurs bekommt man die Informationen von einer fachkundigen Person vorgetragen und hat den Vorteil, sich mit ihr und anderen Müttern austauschen zu können. Und je informierter ich bin, desto besser kann ich mit Situationen umgehen. Wenn die Mutter etwa weiß, dass es eine Latenzphase gibt, in der einige Stunden bis zu einem ganzen Tag eventuell nichts weitergeht, obwohl sie Schmerzen hat, ist sie mitunter weniger frustriert als eine Frau, die das überrascht.
Was ist, wenn das Kind per Kaiserschnitt auf die Welt kommt – begleitet mich eine Hebamme auch davor, dabei und danach?
Ja, eine Hebamme kann auch bei einer Sectio begleiten. In der Vorbereitung ist wenig Unterschied zur Spontangeburt. Während der Geburt hängt es davon ab, ob in dem jeweiligen Krankenhaus die Begleitung einer Wahlhebamme möglich ist. Ist das nicht der Fall, wird die Frau von der diensthabenden Hebamme zum Kaiserschnitt begleitet. Der wird von einem Arzt durchgeführt, die Hebamme nimmt das Baby entgegen und begleitet Mutter und Kind in den ersten gemeinsamen Momenten. Im Wochenbett ist die Hebamme wie auch sonst bei Rückbildung, Stillen und allem was sonst noch so anfällt, behilflich.
Was sind die Vorteile einer Wahlhebamme?
Der primäre Vorteil ist, dass man sich selbst die Hebamme aussuchen kann, die einen dann auch zur Geburt begleitet – ganz egal, ob es da um Zusatzausbildungen wie Akupunktur, Homöopathie oder Craniosacral-Therapie geht oder um eine gemeinsame Muttersprache. Wahlhebammen stehen außerdem – so sie Kapazitäten haben – relativ kurzfristig zur Verfügung.
Wie und wo finde ich die richtige Hebamme für mich, und zu welchem Zeitpunkt sollte ich mich darum kümmern?
Mit der Suche beginnt man möglichst früh. Bei einer Kassenhebamme am besten nach dem positiven Schwangerschaftstest, da es wenige gibt, und die schnell und gut gebucht sind. Aber auch bei den Wahlhebammen empfiehlt es sich, nicht länger als bis zum Ende des ersten Drittels abzuwarten. Suchen kann man zum Beispiel auf www.hebammen.at nach unterschiedlichen Kriterien wie Bezirken, Zusatzausbildungen oder ähnlichem. In der Elternbroschüre des Hebammengremiums sind ebenfalls alle in Österreich praktizierenden freiberuflichen Hebammen gelistet.
„Die Anwesenheit einer Hebamme im Wochenbett kann gerade beim ersten Kind für viele Familien enorm entlastend und beruhigend sein.”
Was kommt an Kosten auf mich zu und wie viel trägt die Krankenkasse?
Kassenhebammen verrechnen direkt mit der Krankenkasse, Wahlhebammen haben individuelle Honorare – in Wien liegen die Kosten für einen Hausbesuch derzeit bei etwa 100 Euro, wobei die Krankenkasse ca 40 Euro refundiert. Über die Möglichkeit von Hausbesuchen sind noch immer viel zu wenige Eltern informiert, dabei kann damit Problemen beim Stillen, der Rückbildung oder auch Schmerzen frühzeitig begegnet werden. Die Anwesenheit einer Hebamme im Wochenbett kann gerade beim ersten Kind für viele Familien enorm entlastend und beruhigend sein.
Welche alternativmediznischen Angebote kann ich von meiner Hebamme erwarten?
Das hängt von den jeweiligen Zusatzausbildungen ab. Die gängigsten sind Akupunktur, Homöopathie, Phytotherapie, Aromatherapie oder Craniosacral-Therapie. Am besten informiert man sich während der Suche, ob die jeweilige Hebamme das gewünschte Zusatzangebot mitbringt. So gibt es später keine unliebsamen Überraschungen. Die allermeisten von uns arbeiten mit gängigen Hausmitteln wie Lavendelöl oder Topfenwickeln, ganz unabhängig von sonstigen Zusatzausbildungen.
Elena Herbst, BBSc, ist Hebamme im AKH Wien. Ihre Schwerpunkte liegen auf Homöopathie für Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit, Akupunktur für Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett sowie Craniosacral-Therapie. www.elenaherbst.at
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Klinikguide.at-Autorin: Amalia Rosales
Bildnachweise:
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