Univ. Prof. Dr. Karl Pummer, Vorstand der Universitätsklinik für Urologie in Graz
DAS SAGT DER FACHARZT. Im Fachjargon wird die Ausschabung der Harnblase über den Harnleiter als „Transurethrale Resektion der Harnblase“ (kurz: TUR-B) bezeichnet. Dabei wird durch die Harnröhre ein Resektoskop eingeführt. In diesem Instrument befindet sich ein äußerer Gang zur Spülung und Absaugung sowie ein innerer Gang mit der Optik und einer Elektro-Drahtschlinge. „Der Eingriff wird sowohl diagnostisch als auch therapeutisch genutzt“, erklärt Univ. Prof. Dr. Karl Pummer, Vorstand der Universitätsklinik für Urologie in Graz. „Diagnostisch, weil das entnommene Material im Labor analysiert wird und so die Aggressivität und das Stadium des Tumors genau bestimmt werden kann. Therapeutisch, weil bei oberflächlichen Karzinomen alle sichtbaren Tumore zur Gänze entfernt werden können.“ Wie lange die Operation dauert, hängt von der Größe und Anzahl der Tumore ab. „Meist sind mehrere Tumore an verschiedenen Stellen vorhanden. Selten dauert die OP aber länger als eine Stunde“, berichtet Pummer aus der Praxis. Der Eingriff erfolgt entweder in Allgemeinnarkose oder in Lumbalanästhesie.
„Wie bei jeder Operation ist natürlich die Erfahrung der Operateur*innen entscheidend. Da es sich bei der TUR-B jedoch um einen Standardeingriff handelt, sollte in allen Einrichtungen eine gute Expertise vorhanden sein“, sagt Pummer. „Komplikationen sind bei der TUR-B insgesamt selten. Eine gewisse Erfahrung erfordern Tumore an der Blasenhinterwand, da hier die Gefahr einer Perforation mit Eröffnung des Bauchraums besteht.“ Nach der OP wird praktisch immer ein Katheter angelegt, der in der Regel für einen bis drei Tage bleibt. Nach seiner Entfernung können die Patient*innen nach Hause entlassen werden. Für die Zeit nach der OP rät Pummer, sich noch einige Zeit körperlich zu schonen, bis die Wunde abgeheilt ist. „Heiße Bäder, Saunabesuche und Alkohol sollten vermieden werden, außerdem ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr wichtig“, so Pummer.
DIE BEHANDLUNGSMETHODEN. Bei oberflächlichen, nicht-muskelinvasiven Blasenkarzinomen ist es ausreichend, das vom Tumor befallene Gewebe mittels Ausschabung über die Harnröhre abzutragen (siehe unten). Die Blase selbst kann dabei erhalten bleiben. Im fortgeschrittenen Stadium, wenn sich der Krebs bereits tiefer in die Muskelschicht ausgebreitet hat, muss die Harnblase vollständig entfernt werden. „Das ist bei etwa 15 Prozent aller Blasenkarzinome der Fall“, weiß Univ. Prof. Dr. Karl Pummer, Vorstand der Universitätsklinik für Urologie in Graz. „Allerdings handelt es sich bei der Zystektomie, also der vollständigen Entfernung der Harnblase, um einen sehr belastenden Eingriff“, gibt Pummer zu bedenken. „Deshalb wird man sich in manchen Fällen alternativ für eine Strahlen- und/oder Chemotherapie entscheiden.
DAS KRANKHEITSBILD. Der häufigste Grund für eine Blasenausschabung über die Harnröhre sind nachgewiesene oder vermutete Tumore der Harnblase. Männer sind etwa dreimal so häufig von der Diagnose Harnblasenkrebs betroffen wie Frauen, die meisten Menschen erkranken zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr. Wichtigster Risikofaktor ist das Rauchen.
Blasenkrebs entsteht fast immer im Urothel (also den Zellen der Blasenschleimhaut), das die Harnblase von innen auskleidet. Unterschieden wird zwischen nicht-muskel-invasiven (oberflächlichen) Tumoren und muskel-invasiven Tumoren, die bereits in die Muskelschicht der Harnblase eingewachsen sind. Die Prognose ist – wie bei allen Krebserkrankungen – maßgeblich von der genauen Tumorart und dem Krankheitsstadium abhängig. Eine frühe Diagnose ist entscheidend.
So funktioniert die Blasenausschabung über die Harnröhre.
WICHTIG ZU WISSEN. Leider haben Harnblasenkarzinome eine hohe Rezidiv-Neigung. „Bei etwa 70 Prozent der Patient*innen kommt der Tumor zurück“, berichtet Pummer. „Gleichzeitig steigt mit jedem Rückfall die Gefahr, dass sich der Tumor auch in die Muskelschicht der Harnblase ausbreitet. Dementsprechend wichtig ist eine Rezidivprophylaxe.“ Hierfür stehen unterschiedliche Möglichkeiten zur Verfügung. „Zum einen kann unmittelbar nach der Blasenausschabung ein Zytostatikum in die Blase gegeben werden, um herumschwimmende Tumorzellen abzutöten. In anderen Fällen wird gezielt nach vier bis sechs Wochen eine zweite Operation geplant, um mögliche Tumorreste zu entfernen. Eine dritte Möglichkeit sind sogenannte Instillationsbehandlungen. Hier werden über mehrere Wochen über einen Blasenkatheter bestimmte Wirkstoffe in die Blase eingebracht, die dort lokal wirken können. Zur Anwendung kommen hierfür ausgewählte Zytostatika sowie der Tuberkulose-Impfstoff BCG.“
Landeskrankenhaus-Universitätsklinikum Graz, Abteilung: Universitätsklinik für Urologie
Klinikguide-Autorin: Dr.in Mag.a pharm. Irene Senn
Bildnachweise:
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- © Universitätsklinik Graz
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