OA Dr. Günter Peinthor, MPH, Standortleiter Grieskirchen, Allgemeine und Viszeralchirurgie, Klinikum Wels-Grieskirchen
DAS SAGT DER FACHARZT. Wann die minimalinvasiven Methoden TAPP beziehungsweise TE(P)P bevorzugt zum Einsatz kommen, erklärt OA Dr. Günter Peinthor, MPH, Standortleiter Grieskirchen, Allgemeine und Viszeralchirurgie, Klinikum Wels-Grieskirchen: „Vor allem, wenn es sich um eine beidseitige Hernie handelt oder zusätzlich eine Nabelhernie aufgetreten ist, bieten diese Operationsmethoden mit der kürzeren Dauer und der geringeren Narbenbildung einen Vorteil – oder wenn die Befunde vor der Operation nicht ganz eindeutig sind. Zusätzlich kann ein etwaiger Schenkelbruch mitabgedeckt beziehungsweise diesem vorgebeugt werden. Tendenziell zeigt sich bei Patient*innen eine frühere Belastbarkeit im Gegensatz zu einer offenen OP, und auch kosmetisch besteht ein leichter Vorteil mit drei kurzen Narben statt einer längeren.“ Aber auch offene Operationen haben ihren Stellenwert, so der Experte: „Sie kommen bei großen Hernien zum Einsatz, außerdem, wenn schon ausgedehntere Operationen im Bauchraum stattgefunden haben, da hier Verwachsungen entstehen können. Das Risiko einer Verletzung des Darms oder der Blutgefäße im Bauchraum ist dabei reduziert. Nachblutungen können zudem bei Patient*innen mit Blutgerinnungsproblemen leichter beherrscht werden.“ Kommt es zu einem erneuten Auftreten von Hernien, wird die jeweils andere Operationsmethode gewählt.
DIE BEHANDLUNGSMETHODEN. Man unterscheidet offene von minimalinvasiven Operationsmethoden. Zumeist werden Kunststoffnetze eingesetzt, um die Stabilität zu erhöhen. Das älteste Verfahren stellt die offene OP nach Shouldice dar. Sie wird heute nur noch in Ausnahmefällen durchgeführt und verzichtet auf den Einsatz eines Netzes. Stattdessen wird körpereigenes Material verwendet. Der*die Ärzt*in positioniert die Eingeweide an der richtigen Stelle, entfernt den sogenannten Bruchsack, in den sich die Eingeweide gedrückt haben, und näht die Lücke im Bauchfell zu. Um Rückfälle (Rezidive) zu vermeiden, wird das Leistenband mit Teilen des Bindegewebes des Bauchraums vernäht.
Mitte der 80er-Jahre ersetzte die offene OP nach Lichtenstein größtenteils die OP nach Shouldice. Die Methode ähnelt der zuvor beschriebenen bis inklusive des Zunähens des Bauchfells. Danach wird allerdings ein Kunststoffnetz eingesetzt, das sowohl mit dem Leistenband als auch mit der Bauchmuskulatur durch Nähte verbunden wird. Durch den Einsatz von Kunststoffnetzen kann man Rezidiven vorbeugen – sie bewähren sich sowohl in der offenen OP als auch in minimalinvasiven Verfahren.
Minimalinvasive Verfahren mit endoskopischer Kontrolle des Operationsgeschehens haben mittlerweile große Relevanz. Dabei wird ein Kunststoffnetz zwischen dem Bauchfell, das direkt über den Eingeweiden liegt, und der Bauchmuskulatur eingesetzt. Für das Einführen des Endoskops, der Operationsinstrumente und des Kohlendioxids, das dem Aufdehnen des Operationsgebietes dient, werden kleine Schnitte gesetzt. Im Rahmen der TAPP (transabdominale präperitoneale Plastik) erfolgt der Zugang über den Bauchraum: das Bauchfell wird von hinten aufgeschnitten, also aufseiten der Eingeweide. Das Kunststoffnetz wird eingebracht, fixiert und der/die Ärzt*in näht die Hinterseite des Bauchfells wieder zu. Noch schonender geht die TE(P)P (total extraperitoneale (Patch-)Plastik) vor: Hier muss kein Schnitt in das Bauchfell erfolgen. Stattdessen wird der Raum zwischen Bauchfell und -muskulatur mit Gas so aufgedehnt, dass das Kunststoffnetz direkt eingebracht werden kann und durch den Druck im Bauchraum automatisch fixiert wird.
So funktioniert die Leistenbruch-Operation: Ein Leistenbruch bzw. eine Leistenhernie bezeichnet das Durchtreten der Eingeweide durch den Leistenkanal.
DAS KRANKHEITSBILD. Ein Leistenbruch beziehungsweise eine Leistenhernie bezeichnet das Durchtreten der Eingeweide durch den Leistenkanal, jedoch oberhalb des Leistenbandes. Dadurch grenzt sich die Leistenhernie zum Beispiel von der Schenkelhernie ab, bei der die Bruchpforte unterhalb des Leistenbandes liegt, und von der in Nabelgegend auftretenden Nabelhernie. Der Leistenbruch gilt als häufigste Hernienform und betrifft in acht von zehn Fällen Männer. Da mit der Zeit größere Teile der Eingeweide durch die Bruchlücke durchtreten und abgeklemmt werden können, ordnet der*die Ärzt*in oftmals eine Operation an.
Klinikum Wels-Grieskirchen, Abteilung: Chirurgie II-Grieskirchen
Klinikguide-Autorin: Mag.a Marie-Therese Fleischer
Bildnachweise:
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