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Wie smart ist Ihre Klinik?
Woran Sie ein smartes Krankenhaus erkennen.

Sie wollen wissen, ob Sie sich in einem Krankenhaus 4.0 befinden? Hier sind acht Smart Signs, auf die Sie achten können.

 

Krankenhäuser werden immer klüger. Digitale Vernetzung, Künstliche Intelligenz, Robotik und 3D-Techniken verwandeln Spitäler in sogenannte Smart Hospitals, die eine optimale Versorgung von Patienten ermöglichen sollen. Auch in Österreich hat die Zukunft des Spitalswesens bereits begonnen: KI-Diagnosen, Kniegelenke aus dem Drucker oder Therapie-Entscheidungen aufgrund von Smartwatch-Ergebnissen sind heute Realität. Dabei wirkt nicht jedes Krankenhaus 4.0 auf den ersten Blick wie ein Smart Hospital. Schließlich ist es ein Qualitätsmerkmal von hochmoderner Technik, dass sie sich dezent zurückhält und nicht ins Auge springt. Bei genauerer Betrachtung lassen sich dennoch Indizien entdecken, die darauf hindeuten, dass man es mit einem smarten Spital zu tun hat.

 

Smart Sign 1: Der Arzt hat bei der Morgenvisite ein iPad dabei
Ärzte legen in großen Spitälern viele Kilometer zurück. Damit sie ständig auf wichtige Informationen zurückgreifen können, wird zunehmend auf mobile Datenträger gesetzt – so etwa in der Wiener Krankenanstalt Rudolfstiftung, im Kardinal Schwarzenberg Krankenhaus in Schwarzach oder im Marienkrankenhaus Vorau. Bei der iPad-Visite kommen Laborbefunde, Patientenakte und Röntgenbilder blitzschnell auf das Tablet. Der Arzt sieht sofort, dass es sich beispielsweise um eine Lungenentzündung handelt – und kann ohne Zeitverzögerung das entsprechende Antibiotikum verschreiben. Zusätzlich kann das Tablet gegen Sprachbarrieren eingesetzt werden, eine Möglichkeit, die im AKH Linz schon 2013 genutzt wurde: Beim System „Videodolmetschen“ werden Ärzt*innen und Pflegekräfte von professionellen Dolmetscher*innen mit Spezialschulung im Gesundheitsbereich unterstützt. So können Patient*innen ihre Beschwerden besser erklären und Diagnosen sowie nötige Therapien leichter verstehen.

 

Smart Sign 2: Es werden KI-Diagnosen erstellt
Künstliche neuronale Netzwerke können gut darauf trainiert werden, Bilder zu vergleichen, um Muster und Abweichungen zu erkennen. Deshalb werden KI-Systeme immer öfter zur Analyse von komplexen medizinischen Daten eingesetzt. Dabei entstehen in unglaublicher Schnelligkeit automatische Diagnosen, die beeindruckend genau sein können. Vor allem in der Radiologie kommt die künstliche Intelligenz häufig zum Zug: Die Röntgen- oder MRT-Bilder eines Menschen werden innerhalb von wenigen Minuten mit Tausenden Aufnahmen anderer Menschen verglichen. Aber auch in vielen anderen Medizinbereichen können solche KI-Systeme zur Anwendung kommen und sogar helfen, Krankheiten vorherzusagen, bevor Symptome auftreten – etwa bei Alzheimer, Darmkrebs, Leukämie oder Brustkrebs. Derzeit erreichen KI-Diagnosesysteme bei der Analyse medizinischen Bildmaterials etwa die gleiche Genauigkeit wie Fachpersonal, sie sind aber viel schneller. Dennoch machen sie nur Vorschläge für wahrscheinliche Diagnosen und Differenzialdiagnosen – die Letztentscheidung bleibt beim Arzt bzw. bei der Ärztin.

 

Smart Sign 3: Es kommen 3D-Drucker zum Einsatz
Rund ein Jahr ist es her, dass in Österreich erstmals eine Patientin mit einem „personalisierten“ Sprunggelenksersatz versorgt wurde – und zwar mit Hilfe eines 3D-Printgeräts. Sechs Wochen vor der Operation wurde ein Computertomogramm des Sprunggelenks erstellt. Anhand dieser Bilder konnten Schablonen produziert werden, die eine genaue Einpassung der Prothese möglich machten. Diese individuelle Lösung, die im orthopädischen Spital Speising umgesetzt wurde, folgte einem klaren Trend: Schon davor waren OP-Methoden für „personalisierte“ Kniegelenke, Wirbelsäulenabschnitte und Schultergelenke etabliert.
Aber auch das Leben von Kindern wurde hierzulande schon dank 3D-Drucktechnik gerettet. Im Simulations- und Innovations-Lab im Comprehensive Center for Pediatrics (CCP) wird an innovativen Lösungen im medizinischen Bereich gearbeitet – darunter an der Herstellung von dreidimensionalen Trainingsmodellen, mit denen ausgefallene Fehlbildungen detailgetreu nachgestellt werden können. Ein Hauptschwerpunkt sind Kinder mit komplexen Herzfehlern beziehungsweise extrem kleine Frühgeborene, die zwischen 400 und 700 Gramm wiegen. Bevor sie behandelt werden, kann vorab an einem Modell „geübt“ werden.

 

Die Apple Watch gilt heute als sinnvolles Diagnosetool bei Vorhofflimmern.

 

Smart Sign 4: Wearables werden als Medizin-Tool anerkannt
Kann eine Smartwatch einen Herzinfarkt verhindern? Im Fall einer 80-Jährigen, die vor eineinhalb Jahren mit Brustschmerzen ins Krankenhaus Mainz eingeliefert wurde, zeigte sich bei einem ersten EKG sowie einem hoch-sensitiven Herzmarker-Test kein Handlungsbedarf. Aber die Apple Watch der Patientin hatte Vorboten eines Herzinfarkts aufgezeichnet. Die Ärzte entschieden sich für einen Eingriff – und retteten der Frau das Leben. Diese Episode reiht sich nahtlos in eine ganze Reihe weiterer Fälle ein, in denen dank Wearables schwere Herzerkrankungen rechtzeitig erkannt wurden. Die Apple Watch gilt heute als sinnvolles Diagnosetool bei Vorhofflimmern, schweren Herzrhythmusstörungen oder Durchblutungsstörungen im Herzen. Darüber hinaus kann sie – ab Series 6 – den Blutsauerstoff messen und dadurch vor einer nahenden Verschlimmerung bei COVID-19 warnen. In Zukunft sollen Wearables nicht nur als Armband, Fitnessuhr oder Smartwatch am Körper getragen, sondern auch in Kleidungsstücke eingearbeitet oder als Pflaster direkt auf der Haut befestigt werden.

 

Smart Sign 5: Das eigene Zuhause wird zur privaten Sonderklasse
Eines der modernsten Spitäler könnte in Zukunft die Wohnung der Patient*innen sein. In den USA werden bereits heute COVID-19-Erkrankte via „Homespital“ zu Hause betreut, um die Ansteckungsgefahr zu verringern. Aber auch hierzulande tut sich etwas beim Thema virtuelle Behandlung. So sind Telemedizin und Telemonitoring wichtige Bestandteile der Wiener eHealth-Strategie 2021/22 und können eine sinnvolle Ergänzung zur klassischen medizinischen Behandlung darstellen. Die Vorteile liegen auf der Hand, und das nicht nur in Pandemiezeiten: Die Zeit, die man normalerweise im Ambulanzwartezimmer verbringt, kann für Erholung in den eigenen vier Wänden genutzt werden, und dank virtueller Abklärung sind weniger Hospitalisierungen nötig. In ländlichen Gebieten können so unnötige Anreisewege von oft mehreren Stunden eingespart werden. Bei älteren Menschen, die in ihrem gewohnten sozialen Umfeld bleiben können, wird zudem die autonome Lebensführung gestärkt. Kurzfristige Schwankungen der Vitalparameter können besser erfasst werden – etwa bei Blutdruckmessung oder mittels EKG – und das Zeitintervall zwischen Beschwerdebeginn und Anforderung medizinischer Hilfe wird vermindert. Auf das persönliche Gespräch mit dem Arzt oder der Ärztin muss dabei keineswegs verzichtet werden: Es findet einfach online statt.

 

Smart Sign 6: Man wird von Spezialisten behandelt, die in einer anderen Stadt sitzen
Telemedizin heißt nicht immer, dass Ärzt*innen und Patient*innen virtuell verbunden sind. Auch Mediziner*innen untereinander geben auf diese Art und Weise ihre Expertise aus. Im deutschen Nordrhein-Westfalen ist beispielsweise im März 2020 das „Virtuelle Krankenhaus“ an den Start gegangen – und prompt zu einem wichtigen Bestandteil der Versorgung von Patient*innen geworden, die schwer an COVID-19 erkrankt waren. Ziel des Projekts, an dem Dutzende Spitäler teilnehmen: Das fachspezifische Wissen aus spezialisierten Kliniken soll per Telemedizin in andere Krankenhäuser und die Praxen der niedergelassenen Ärzt*innen gebracht werden. Nach COVID-19 stehen weitere Krankheitsbilder beziehungsweise Fachdisziplinen auf dem Programm: seltene Erkrankungen, Lebermetastasen, therapierefraktäre Herzinsuffizienz, Infektiologie und Intensivmedizin.

 

Vernetzte „Augmented Reality“-Brillen für Operationen sollen dank 5G gut einsetzbar sein.

 

Smart Sign 7: Roboter assistieren bei Operationen
Ein Arzt, der mit VR-Brille und passendem Werkzeug zu Hause sitzt und einen Patienten operiert, der im Spital am OP-Tisch liegt: Was klingt wie Science-Fiction, könnte bald schon Realität sein. Bereits heute kommen – beispielsweise in der Urologie – Roboter zum Einsatz, die der Arzt oder die Ärztin von außerhalb steuert. Bei entsprechender Internetverbindung wäre das auch über größere räumliche Distanzen möglich. Derzeit wird im CCP daran gearbeitet, mittels spezieller Brille im klinischen Setting eine zweite Person dazuzuschalten – ähnlich wie bei sogenannten „Remote Experts“ in technischen Betrieben. Diese Leute sitzen daheim und können sich bei Bedarf live einklinken, um Tipps zu geben oder bei der Problemlösung zu helfen. Ebenfalls hilfreich: Die Schaffung von realistischen virtuellen Umgebungen, in denen komplexe Operationen fächer- und grenzübergreifend mit anderen Spezialist*innen vorab trainiert werden können, um den höchstmöglichen Qualitätsstandard für die Patient*innen zu gewährleisten. Und im Tiroler Krankenhaus Zams wurde letztes Jahr eine von der „GSM – Gesellschaft für Sicherheit und Medizintechnik“ in Zusammenarbeit mit der TU entwickelte Simulationslösung getestet, die in nur wenigen Minuten Kapazitätsprognosen basierend auf Echtdaten ermöglicht – und nun auch anderen Krankenhäusern zur Verfügung steht: das sogenannte SmartScale-A-Hospital.

Eine wichtige Rolle könnte bei Augmented-Reality-Projekten die 5. Mobilfunkgeneration (5G) spielen: Sie soll an Kliniken die Übermittlung großer Datensätze von Computertomographien (CT) oder Kernspintomographien (MRT) ermöglichen, damit Ärzte anderer Abteilungen schnell Informationen bekommen. Aber auch vernetzte „Augmented Reality“-Brillen für Operationen sollen dank 5G gut einsetzbar sein, der Funkstandard soll ruckelfreie und stabile Übertragungen sicherstellen. Erste Krankenhäuser in Deutschland – etwa die Bonner Universitätsklinik – setzen daher auf eigene Mobilfunknetze.

 

Smart Sign 8: Es gibt E-Care-Terminals
Natürlich wird in Smart Hospitals auch moderne Technik eingesetzt, um den Patient*innen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Mit anderen Worten: Gemeinschaftsfernsehen war gestern. Immer mehr Spitäler sind mit A1 E-Care-Terminals ausgestattet – etwa das Klinikum Donauspital oder das Kepler Universitätsklinikum. Diese multimedialen Infotainment-Systeme liefern mehr als 50 Fernsehsender und eine Mediathek für das persönliche Wunschprogramm direkt ans Krankenbett. Außerdem kann man mit ihnen radiohören, Hörbücher abrufen und im Internet surfen. Das bringt Abwechslung in den Spitalalltag, hilft den Patient*innen, den Kontakt zur Außenwelt aufrecht zu erhalten und unterstützt zudem die internen betrieblichen Arbeitsabläufe. Freigeschaltet werden die Terminals über eine Wertkarte, die man an einer Aufladestation – etwa im Eingangsbereich des Krankenhauses – besorgt. Für 10 Euro ist die Karte aufgeladen, und man kann vier Tage lang alles nutzen, was das Terminal zu bieten hat. Und wenn einen der Arzt oder die Ärztin bei der nächsten Visite schon nach Hause schickt? Dann wird das nicht verbrauchte Guthaben smarterweise vom selben Automaten wieder ausbezahlt.

 

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Klinikguide.at-Autorin: Antonia Wemer