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So funktioniert eine Patientenverfügung
Selbstbestimmt leben: Wie Sie mit einer Patientenverfügung Ihre Rechte stärken.

Alles geregelt? Eine Patientenverfügung stärkt die Rechte des*der Patient*in. Wir erklären, was Sie zu Patientenverfügungen wissen müssen.

 

Das hat doch Zeit, glauben viele. Das sind doch keine schönen Themen, meinen andere. Ich bin noch viel zu jung, denken einige. Doch manchmal kann es so schnell gehen. Ein Unfall, eine schwere Krankheit. Mit einer Patientenverfügung sorgen Sie für den Krankheitsfall vor. In ihr lässt sich vorweg festlegen, welche medizinischen Behandlungen man wünscht, wenn man nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu äußern. Aber worauf sollte man achten? Patientenanwalt Dr. Gerald Bachinger beantwortet die wichtigsten Fragen rund um Patientenverfügungen.

 

Wann benötige ich eine Patientenverfügung?

Eine Patientenverfügung ist eine Willenserklärung, mit der ein*e Patient*in eine oder mehrere medizinische Behandlung(en) ablehnt. Solch eine Willenserklärung können sowohl bereits erkrankte wie auch gesunde Personen abgeben. Mit einer Patientenverfügung können nur bestimmte – konkret genannte – medizinische Behandlungen abgelehnt werden. Die Grundversorgung mit Nahrung und Flüssigkeit ist Teil der Pflege und kann nicht abgelehnt werden.

 

Was passiert, wenn ich keine Patientenverfügung besitze?

Viele glauben, wenn sie keine Patientenverfügung hinterlegt haben, können der*die Partner*in oder ein*e Angehörige*r entscheiden, was mit ihnen geschehen soll. Das ist aber nicht der Fall. Haben Sie keine Patientenverfügung, dann muss grundsätzlich der*die Arzt*Ärztin nach dem mutmaßlichem Patientenwillen entscheiden. Dieser wird bei Gericht einen Sachwalter bestellen, der ermittelt und der Situation entsprechend entscheidet. Gibt es eine Vorsorgevollmacht, wird der*die Bevollmächtigte entscheiden.

 

Welche Rolle spielt meine Vertrauensperson?

Eine Vertrauensperson ist ein Mensch Ihrer persönlichen Wahl. Das können Angehörige, Freunde, Bekannte, Kollegen, Ihr*e Hausarzt*ärztin oder Seelsorger*in sein, die im gleichen Umfang wie sie selbst von dem*der Arzt*Ärztin informiert werden müssen. Ihre Vertrauensperson, die Sie in der Patientenverfügung benennen, hat das Recht, über Ihren Gesundheitszustand informiert zu werden. Auch können Sie mehrere Vertrauenspersonen anführen, bedenken Sie jedoch, dass das Einbeziehen von mehreren Personen auch zu mehr Unklarheit führen kann.

 

Wo bewahre ich eine Patientenverfügung am besten auf?

Momentan gibt es noch kein zentrales Register, in dem man die jeweilige Patientenverfügung abrufen kann. Am besten trägt man immer eine Hinweisnotiz – zum Beispiel in der Geldbörse – mit sich. Übergeben Sie außerdem einer Vertrauensperson eine Kopie und informieren Sie sie darüber, wo sich das Original befindet.

 

Welche Arten von Patientenverfügungen gibt es?

Es gibt zwei Arten der Verfügung: Je nachdem, wie stark die Verfügung Mediziner*innen an Ihre Wünsche bindet, unterscheidet man zwischen verbindlicher und beachtlicher Patientenverfügung.

 

Was ist eine verbindliche Patientenverfügung?

Bei dieser Form der Patientenverfügung sind Ärzte*Ärztinnen genau an den Patientenwillen gebunden. Beim Abfassen müssen genaue Vorschriften eingehalten werden. Der*die Arzt*Ärztin hat also keinen Interpretationsspielraum zur Auslegung des mutmaßlichen Patientenwillens. Die verbindliche Patientenverfügung ist dann zu empfehlen, wenn Sie genau wissen, welche medizinischen Maßnahmen Sie ablehnen wollen. Gleichzeitig erreichen Sie damit die größtmögliche rechtliche Sicherheit, dass genau das befolgt wird, was Sie in der Patientenverfügung formuliert haben.

 

Wie lange gilt eine verbindliche Patientenverfügung?

Eine verbindliche Patientenverfügung gilt für den Zeitraum von längstens fünf Jahren. Das heißt, damit die Verbindlichkeit aufrechtbleibt, müssen Sie vor Ablauf der fünf Jahre die Patientenverfügung erstellen.

Eine Patientenverfügung ist eine Willenserklärung, mit der ein*e Patient*in eine oder mehrere medizinische Behandlung(en) ablehnt.

Was ist eine beachtliche Patientenverfügung?

Wollen Sie dem*der Arzt*Ärztin für den Fall, dass Sie selbst Ihren Willen nicht mehr äußern können, eine Entscheidungshilfe, eine Art „Wegweiser“ oder Orientierungshilfe geben, so können Sie Ihre Patientenverfügung als „beachtlich“ verfassen. Der*die Arzt*Ärztin ist dann nicht völlig und streng an die Inhalte der Patientenverfügung gebunden, sondern hat bei der zukünftigen Behandlung einen gewissen Interpretationsspielraum. Dieser Interpretationsraum ist aber immer im Sinne der Inhalte der Patientenverfügung auszulegen. Der*die Arzt*Ärztin muss also immer die Inhalte der Patientenverfügung zur Ermittlung Ihres tatsächlichen mutmaßlichen Patientenwillens berücksichtigen und hat keinerlei Freiraum zur Willkür.

 

Wie lange gilt eine beachtliche Patientenverfügung? Eine beachtliche Patientenverfügung hat kein rechtliches „Ablaufdatum“. Sie können allerdings selbst einen Zeitpunkt in der Patientenverfügung festlegen, bis zu dem die Patientenverfügung gelten soll.

 

Was geschieht mit den bereits vor dem 1. 6. 2006 errichteten Patientenverfügungen?

Patientenverfügungen, die vor dem neuen Gesetz, also vor dem 1. Juni 2006 errichtet wurden, sind nicht bedeutungslos. Sie werden automatisch zu beachtlichen Patientenverfügungen.

 

Wann wird die Patientenverfügung wirksam?

Die Patientenverfügung wird erst dann wirksam, wenn Sie nicht mehr einsichts-, urteils- oder äußerungsfähig sind. Das heißt, zu jenem Zeitpunkt, an dem Sie keinen Willen mehr fassen können oder einen gefassten Willen nicht mehr äußern können.

 

Können Behandlungswünsche in die Patientenverfügung aufgenommen werden?

Behandlungswünsche wie beispielsweise eine bestimmte Art der Schmerzlinderung können ebenfalls Inhalte einer Patientenverfügung sein. Diese Behandlungswünsche müssen jedoch medizinisch indiziert, das heißt medizinisch notwendig, tatsächlich möglich und rechtlich erlaubt sein. Falls Sie in der Patientenverfügung eine spezielle Behandlung wünschen, die in Österreich von den Krankenkassen nicht bezahlt wird, sollte Sie der*die Arzt*Ärztin auf diesen Umstand aufmerksam machen.

 

Kann ich meine Patientenverfügung jederzeit verändern oder auch widerrufen?

Sie können Ihre Patientenverfügung jederzeit widerrufen. Dies kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Auch schlüssige Handlungen wie beispielsweise ein Kopfschütteln auf eine konkrete Frage bezogen können den Widerruf ausdrücken. Ebenso sind Änderungen Ihrer Patientenverfügung jederzeit möglich. Dabei müssen die gleichen Formerfordernisse und Voraussetzungen wie bei der Ersterstellung erfüllt sein.

 

Kann ich mit der Patientenverfügung die aktive Sterbehilfe fordern?

Die aktive direkte Sterbehilfe, also etwa das Verabreichen eines Medikamentes mit dem direkten Ziel, das Leben unmittelbar zu verkürzen oder zu beenden, kann nicht Inhalt einer Patientenverfügung sein. Solche Maßnahmen sind in Österreich eindeutig verboten. Jede*r Arzt*Ärztin, der*die hier Hilfe oder Unterstützung leistet, würde sich einer strafbaren Handlung schuldig machen.

 

Wichtige Adressen

Noch mehr Infos erhalten Sie im Ratgeber „Patientenverfügung“, zum Downloaden unter: www.patientenanwalt.com unter dem Punkt „Ihre Rechte“ www.wien.gv.at/gesundheit-soziales/ unter „PatientInnen-Rechte“ www.bmgf.gv.at in der Rubrik „Gesundheit“, dort unter dem Abschnitt „Medizin“.

 

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