Der medSPACE der Medizinischen Fakultät der Johannes Kepler Universität (JKU) in Linz erlaubt nicht nur den Unterricht in virtueller Anatomie, der sowohl Studierende als auch Lehrende mit seinen Möglichkeiten begeistert – er ermöglicht es auch, Operationen live oder als Aufzeichnung zu verfolgen. Drei JKU-Professoren gaben einen Einblick in die Arbeit an den Patient*innen und sprachen mit Klinikguide.at über aktuelle und zukünftige Innovationen in ihrem jeweiligen Fachbereich.
Herzchirurgie
Prim. Univ.-Prof. Dr. Andreas Zierer, Vorstand der Universitätsklinik für Herz-, Gefäß- und Thoraxchirurgie am Kepler Universitätsklinikum (KUK), rekonstruierte live die undichte linke Herzklappe – die Mitralklappe – eines Patienten. Letzterem war ein Sehnenfaden des hinteren Segels der Mitralklappe abgerissen, welcher durch einen künstlichen Sehnenfaden ersetzt wurde. Außerdem wurde ein Ring eingenäht, um die Mitralklappe zusätzlich zu stabilisieren. Das Besondere an der Operation: Sie wird minimalinvasiv durchgeführt, was derzeit neben dem KUK nur in zwei anderen Krankenhäusern in Österreich routinemäßig möglich ist. Statt das gesamte Brustbein zu eröffnen, reicht ein kleiner Schnitt an der rechten Seite des Brustkorbs aus.
Das sagt der Facharzt: In Bezug auf gegenwärtige Innovationen der Herzchirurgie berichtet Prof. Zierer Folgendes: „Zu wichtigen Fortschritten zählt einerseits die auch innerhalb dieser Operation verwendete endoskopische 3D-Technologie, wo man ein dreidimensionales Verständnis für die Strukturen bekommt. Ebenso können wir durch den Einsatz einer sogenannten Knotenpistole, mit welcher die Fäden fixiert werden, bei der Rekonstruktion viel Zeit sparen. Andererseits stellen die Transkatheterklappen, wo man ohne Herz-Lungen-Maschine am schlagenden Herzen Herzklappen ersetzen kann, eine ganz dramatische Verbesserung dar. Auch im Bereich der Aortenchirurgie gibt es Fortschritte, so müssen die Patient*innen z. B. nicht mehr auf unter 20 Grad Körperkerntemperatur abgekühlt werden.“ Auf die Frage, was die Zukunft bringen könnte, antwortet der Experte: „Auf dem Gebiet der Herzinsuffizienztherapie tut sich sehr viel. Die erste Schweineherztransplantation wurde bereits durchgeführt, aber bis zum klinischen Einsatz wird sicher noch einige Zeit vergehen. Eine zukünftige Hoffnung wäre auch, dass die Kunstherzen kleiner werden und vielleicht eines Tages total implantierbar, also dass sie ohne eine Stromversorgung mit einem Kabel außerhalb des Körpers auskommen. Das wäre ein sehr großer Vorteil.“
Neurochirurgie
Im OP-Saal von Prim. Univ.-Prof. Dr. Andreas Gruber, Vorstand der Universitätsklinik für Neurochirurgie am KUK, wurde indessen bei einem Patienten ein Aneurysma im Gehirn mit einem Clip verschlossen. Diese Operation wird v. a. bei jenen Patienten durchgeführt, bei welchen die Gefahr einer Blutung höher ist als die Risiken der Operation. Der Clip wird langsam geschlossen, um ein Platzen des Aneurysmas zu verhindern. Der Clip dämmt die Blutungsgefahr ein und das Aneurysma bildet sich in den kommenden Tagen und Wochen zurück. Bei der Operation wird ebenfalls nur eine möglichst kleine Öffnung freigelegt, in diesem Fall eine von rund 3 cm Durchmesser.
Das sagt der Facharzt: Auch Prof. Gruber kann über technische Errungenschaften der letzten Jahre berichten: „Wir verwenden mittlerweile Tools, die so ähnlich wie ein Navigationssystem für das Auto funktionieren – diese Navigation durchs Gehirn wird auf einem Head-up-Display angezeigt und führt uns direkt an unser Ziel, was eine wesentliche Errungenschaft darstellt. Die intraoperative Bildgebung bietet ebenfalls viele Vorteile – in der Neurochirurgie verwenden wir Magnetresonanztomographie (MRT), in der Wirbelsäulen-Chirurgie Computertomographie (CT). Bei der Behandlung von Aneurysmen ist die intraoperative Angiographie ein erheblicher Gewinn für die Sicherheit der Patient*innen: Wir beenden die Operation erst, wenn wir damit überprüft haben, ob das Aneurysma sicher verschlossen ist.“ Für die Zukunft hofft er auf Fortschritte im Bereich der Mikromanipulatoren: „Diese sind ferngesteuert und können sich in Richtungen und Freiheitsgraden bewegen, welche für die menschliche Hand nicht möglich sind. Ein Mikromanipulator für das Gehirn – viel feiner als Operationsroboter – wäre ein enormer Gewinn und wird auch sicher in den nächsten Jahren auf den Markt kommen.“
Augenchirurgie
Der medSPACE ermöglicht nicht nur die Live-Schaltung in den OP-Saal in 2D, sondern auch die Vorführung aufgezeichneter Operationen in 3D. Hier stellte Prim. Univ.-Prof. Dr. Matthias Bolz, Vorstand der Universitätsklinik für Augenheilkunde und Optometrie, eine klassische Operation des Grauen Stars vor. Bei dieser wird ein kleiner Schnitt in die Hornhaut gemacht und ebenso in die darunter liegende Kapsel, in der sich die – beim Grauen Star trüb gewordene – Linse befindet. Letzere wird zerkleinert, abgesaugt und anschließend durch eine künstliche Linse ersetzt.
Das sagt der Facharzt: Prof. Bolz erläutert, dass sich in der Augenheilkunde sehr viel verbessert hat, v. a. im Bereich der Medizintechnik: „Dabei geht es nicht nur um die Mikroskoptechnik, sondern auch um sämtliche Geräte, die nötig sind, um eine Augen-OP durchführen zu können. Denn: Wir operieren in einem mit Flüssigkeit gefüllten System, weswegen immer gleich gemessen werden muss, wie hoch oder niedrig der Druck im Auge ist, um das Volumen entsprechend zu erhalten. Dahinter stehen große Geräte, die das genau überprüfen können. Das ist nicht nur bei der Grauen-Star-Operation so, sondern auch bei der Hornhaut- und v. a. der Netzhautchirurgie.“ Eine Technologie der Zukunft steckt in der Entwicklung von immer besseren Lasern: „In diesem Bereich gibt es immer neue Innovationen, das beginnt bei Hornhautlasern für die Behandlung der Kurz- und Weitsichtigkeit über Laser für die Graue-Star-Chirurgie bis hin zu Lasern für die Netzhautchirurgie – da gibt es ein Sammelsurium an zukunftsträchtigen Geräten.“
Medizin der Zukunft, Teil 1: Die Eroberung des medSPACE
Medizin der Zukunft, Teil 2: Medizinischer Fortschritt dank Vernetzung
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Klinikguide.at-Autorin: Mag. Marie-Thérèse Fleischer, BSc
Bildnachweis:
- © JKU
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