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Vorsicht Bruchgefahr! Wie gefährlich sind Leistenbrüche wirklich?
Ein Interview mit dem leitenden Oberarzt am Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt

Ltd. OA mag. dr. Jurij Gorjanc, dr. med., FRCS, FEBS AWS

Zur Person

Der leitende OA mag. dr. Jurij Gorjanc, dr. med., FRCS, FEBS AWS hat die Leitung der interdisziplinären Tagesklinik „Sankt Elisabeth“ am Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt über. Er ist der erste Kärntner Chirurg mit dem Zusatzfach für Hernienchirurgie (FEBS AWS). FEBS AWS ist ein neuer Europäischer Facharzttitel in der Hernienchirurgie (Fellow of the European Board Surgery – Abdominal Wall Surgery).

Warum Betroffene einen Leistenbruch nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten und welche Warnsignale für einen akuten Handlungsbedarf sprechen, schildert Ltd. OA mag. dr. Jurij Gorjanc, dr. med. FRCS, FEBS AWS. Der Spezialist ist leitender Oberarzt der interdisziplinären „Tagesklinik Sankt Elisabeth“ am Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt, wo Leistenbrüche schonend und schnell operiert werden.

Interview mit dem ersten Kärntner Chirurg mit dem Zusatzfach für
Hernienchirurgie

 

Das Team an der Allgemeinchirurgie und der interdisziplinären „Tagesklinik Sankt Elisabeth am Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt“ beschäftigt sich schwerpunktmäßig auch mit der Behandlung von Leistenbrüchen (Hernien).
Rund 200 Bruch-Operationen (Tendenz steigend) werden jährlich im Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt durchgeführt und in der darauf abgestimmten Ambulanz bzw. „Tagesklinik Sankt Elisabeth“ versorgt. Was ist also ein Leistenbruch?
Ltd. OA mag. dr. Jurij Gorjanc, dr. med., FRCS, FEBS AWS:
Leistenbrüche sind letztlich das sichtbare Ergebnis einer starken Bindegewebsschwäche in der Leiste. Wenn die Bauchdecke an bestimmten Stellen nicht stabil genug ist, ist eine Hernie – auch Eingeweideoder Weichteilbruch genannt – eine mögliche Folge. Durch die Lücke in der Bauchwand, die sogenannte Bruchpforte, können Eingeweide nach außen treten.

Es heißt: „Ich habe mir einen Bruch gehoben.“ Was ist die wahre Ursache?
Fast jeder vierte Mann erleidet im Laufe seines Lebens einen Leistenbruch. Die Ursache liegt bei Männern in der anatomischen Struktur begründet. Der Leistenbruch tritt im Leistenkanal auf. Der ist beim Mann breiter angelegt, weil bei der Embryonalentwicklung der Hoden durch diesen Kanal wandert. Zurück bleibt eine lebenslange Schwachstelle. Viele Betroffene haben eine familiäre Veranlagung, auch das häufige Heben schwerer Lasten und Übergewicht können Gründe für das Auftreten sein.

 

Wann muss sofort operiert werden?
Wenn eine Komplikation, wie z. B. die Einklemmung des Darms, vorliegt, muss rasch operiert werden. Liegen keine Beschwerden vor, lässt sich eine OP gut planen. Wir empfehlen unseren PatientInnen, mit der Behandlung einer Hernie nicht abzuwarten und zu denken: „Es ist nur ein Leistenbruch.“ Eine kleine Hernie ist leichter zu operieren und es gibt signifikant weniger postoperative Komplikationen (inklusive Rezidive – also das Wiederauftreten von Leistenbrüchen), wenn frühzeitig nach der Diagnose operiert wird.

 

An welchen Symptomen erkenne ich einen Eingeweidebruch?
Die PatientInnen bemerken eine Schwellung bzw. eine weiche Beule in der Leiste oder
anderswo in der Bauchwand. Ein Eingeweidebruch muss aber nicht immer mit dem Auge
erkennbar sein oder zwangsläufig Beschwerden bereiten. Kleinere Brüche verlaufen oft
symptomlos. In den meisten Fällen erzeugen Weichteilsbrüche ein Druckgefühl bzw.
stechende oder ziehende Schmerzen im Bereich der Bruchstelle. Mit zunehmender Größe des Bruchs kann es zu einer großen Vorwölbung, Beule oder Schwellung an der betroffenen Stelle kommen, die insbesondere beim Husten, Niesen, Treppensteigen oder Tragen schwerer Lasten zum Vorschein kommt. Beim Auftreten solcher Symptome sollte man zeitnah eine Spezialistin bzw. einen Spezialisten aufsuchen.

 

Wie stellen ExpertInnen die Diagnose?
In den meisten Fällen kann man die Hernie schon durch Tasten bestätigen. Die genaue Lage und der Inhalt des Bruchsacks werden im Ultraschall festgestellt, in bestimmten Fällen über eine Computertomografie oder MRT (Magnetresonanztomografie). Zur Erkennung komplexer Brüche kann auch eine Bauchspiegelung, eine sogenannte Laparoskopie, erforderlich sein.

 

Wie erfolgt die Behandlung bei einem Leistenbruch?
Die behandelnde Ärztin bzw. der behandelnde Arzt entscheidet individuell, welche
Operationsmöglichkeiten infrage kommen, ob die OP offen oder minimalinvasiv, ob sie mit oder ohne Netz erfolgt. Es gibt zahlreiche unterschiedliche OP-Techniken und wir bieten diejenige an, die für die Patientin bzw. den Patienten am besten ist.

 

Welche Möglichkeiten gibt es im Bereich der Versorgung von Leistenbrüchen?
Bei vielen Operationen wird ein Kunststoffnetz gar nicht mehr genäht oder geklammert, sondern geklebt. Dadurch haben die PatientInnen weniger postoperative und chronische Schmerzen. Die größte Errungenschaft ist aber das Umdenken, dass die PatientInnen die Operation bekommen, die für sie am besten geeignet ist und nicht die Operationstechnik, die die ChirurgInnen am besten beherrschen. Zusätzlich muss man sich bei rund 180 verschiedenen Netzarten permanent weiterbilden, um am Laufenden zu bleiben. Aus demselben Grund soll ein Hernien-Zentrum wie das des Elisabethinen-Krankenhauses immer mehrere vergleichbare operative Techniken anbieten können. Nur dann kann für alle PatientInnen die beste Lösung gefunden werden.

 

Muss ich bei einer Leistenbruch-OP stationär bleiben?
Leistenbrüche sind unterschiedlich. Es hat sich gezeigt, dass das tageschirurgische Prinzip viele Vorteile hat. Die Genesung schreitet schneller und erfolgreicher voran, wenn sie zu Hause in der alltäglichen Umgebung erfolgt. Wir sorgen auf jeden Fall für einen schmerzlosen postoperativen Verlauf, das ist in vielen Fällen die größte Sorge der PatientInnen. Die Entscheidung, ob PatientInnen stationär bleiben müssen, wird im Dialog individuell getroffen.

 

Muss man sich nach einer Leisten-OP schonen?
Weniger, als man denkt. Das hängt aber auch von der Größe des Bruchs, von der
Operationsart sowie vom Lebensstil und Habitus (Gewicht) der PatientInnen ab. Wir beraten die PatientInnen immer individuell. Bei kleineren Hernien kann man schon 14 Tage nach der OP wieder normal (auch schwer) heben, bei größeren Brüchen erst nach 4 bis 6 Wochen.

 

Was ist eine SportlerInnen-Hernie?
Der Begriff sorgt für Verwirrung. Viele AusdauersportlerInnen und/oder KraftsportlerInnen spüren in der Leiste Schmerzen und kommen in unsere Hernien-Ambulanz mit einem Ultraschallbefund, der eine Hernie andeutet. Bei solchen PatientInnen schließen wir zuerst alle möglichen Nebendiagnosen aus (z. B. eine Schambeinentzündung, orthopädische Ursachen, Sehnenrisse usw.). Erst wenn alle anderen Möglichkeiten als unwahrscheinlich eingeschätzt werden und der Verdacht auf eine Hernie (laut Bildgebung) besteht, wird eine Operation durchgeführt.

 

Gibt es Einschränkungen nach einem Leistenbruch? Wenn ja, welche?
Nein, im Gegenteil. Das Ziel der Operation ist es, PatientInnen so schnell wie möglich die Rückkehr zu alltäglichen Aktivitäten zu ermöglichen. Natürlich erwähnen wir bei jeder Aufklärung die Möglichkeit von Komplikationen, auch von chronischen Schmerzen. Diese sind für unsere chirurgische Abteilung laut dem internationalen Herniamed Register aber sehr gering: Lediglich 0,65 % von allen unseren Leistenhernien-PatientInnen entwickeln postoperative chronische Schmerzen. Der europäische Schnitt für andere Hernien-zertifizierte Krankenhäuser liegt nach dem Herniamed Register (bei über 600.000 PatientInnen) bei 3,01%, bei Krankenhäusern ohne Hernien-Zertifizierung bzw. ohne Gütesiegel wesentlich höher.

 

Auch bei Hernienrezidiven (Wiederauftretungsrate) schneidet das ElisabethinenKrankenhaus sehr gut ab.
Die Wiederauftretungsrate für unsere Allgemeinchirurgie liegt laut den letzten Angaben (2022) des Herniamed Register bei nur 0,74 %, was wieder unter dem Durchschnitt anderer chirurgischer Abteilungen in Europa liegt (1,11 %).

Hernien-Ambulanz Elisabethinen-Krankenhaus Klagenfurt

 

Do 12:00-14:00

 

Telefonische Terminvereinbarung
Mo – Fr von 11:00 – 13:00 Uhr
Tel.: +43 (0) 463 / 5830 – 320

Rückfragehinweis:
ALLGEMEINES ÖFFENTLICHES KRANKENHAUS DER ELISABETHINEN KLAGENFURT GMBH
Ltd. OA mag.dr. Jurij Gorjanc, dr. med.,FRCS, FEBS AWS
Leitung interdisziplinäre Tagesklinik
Völkermarkter Straße 19
A-9020 Klagenfurt am Wörthersee
Tel +43 (0) 463 / 5830 DW 306

Mehr Informationen:
Krankenhaus der Elisabethinen Klagenfurt